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Die Festungsstadt Trient

Einleitung - von Volker Jeschkeit

Die Verteidigungssektionen der Festung Trient

Der Hauptverteidigungsring um die Stadt Trient, der auch die eigentliche Hauptverteidigungslinie mit den integrierten Festungen, Werken, Batterien und sonstigen Stellungen bildete, war in 7 Sektionen (Verteidigungsbereiche) eingeteilt, die im Gegenuhrzeigersinn von römisch I bis VII bezeichnet wurden.

Innerhalb dieses umlaufenden Gürtels befand sich die innere Sektion VIII des Stadtbereiches Trient und seinen damaligen umliegenden Gemeinden.

Wir werden versuchen ,eine kurze geografische Beschreibung dieses Gürtels zu geben, dazu sollte man sich entweder die Originalkarte oder auch eine heutige Karte im Masstab 1:50000 oder kleiner zum Vergleich anzusehen.

Die Stadt Trient liegt mitten im Etschtal, das auf der Westseite durch das Bondone- Massiv begrenzt wird mit Höhen von bis zu ca. 2200 müNN.

Im Osten wird das Etschtal begrenzt durch das Marzola Massiv im südlichen Bereich und dem Monte Chegul (oder auch nur Chegul genannt) m nördlichen Bereich, letzter genannter mit Höhen von ca. 1400 müNN und das Marzola-Massiv bis ca.1650 müNN. Durch einige Quer-Täler unterbrochen, in Süden vom Val Sorda-Tal Richtung Vigolo Vattaro, im Norden am Fusse des Chegul durch den Cimirlo-Pass, kommen wir weiter nördlich auf den Monte Celva mit ca.1000 müNN, ein wichtiger Angelpunkt des Verteidigungsgürtels Ost.
An seinem nördlichen Fuss quert das Val-Sugana-Tal von Osten kommend in Richtung Trient, nordöstlich davon steigt langsam der Monte Calisio an,der von Osten nach Norden geografisch eindrehend, ein weiterer wichtiger Angelpunkt der Verteidigung war.
Der Monte Calisio (ca.1100müNN) konnte aufgrund seiner strategischen Position sowohl die Ostseite der Festung Trient als auch die Nordseite, wie auch die Nordwestseite wirksam kontrollieren.
In der Luftlinie sind es vom Rücken des Marzola bis zum Rücken des Bondone Massivs ca.14 bis 18 km in Richtung Ost-West. Da in der Mitte das Etschtal in Nord-Süd Richtung verläuft, kann man grob um die Stadt Trient mit einen Zirkel einen Kreis mit 8 Km Radius ziehen und kommt somit ungefähr auf die Grösse der Festung Trient.
Zugegeben, das ist sehr approximativ, vermittelt aber dem Leser eine ungefähren Eindruck, eine erste Grössenordnung.

Innerhalb dieses Kreises waren gesichert 207 Geschütze montiert, zählt man die nicht identifizierbaren Stellungen hinzu, kommt man sicherlich auf 230 bis 240 Geschütze, eine für damalige Verhältnisse grosse Feuerkraft und Zeugnis einer Verteidigungsstärke, die klar aussagt, wie wichtig dieser Festungsplatz strategisch und auch politisch für die KuK-Monarchie war. Die Stadt Trient als Garnisonsstadt hatte schon in Friedenszeiten eine Stärke von 9000-10000 Soldaten.

Wie schon an anderer Stelle erwähnt, ist die vorliegende Karte der Artilleriestabsabteilung Trient sicherlich vor 1914 entstanden, wenn auch nicht allzu weit von diesem Jahre entfernt.

Grund für diese Annahme ist, das wichtige unterirdische angelegte Artilleriewerke in Kavernen, sowie die endgültig ausgebauten unterirdischen Festungen auf dem Monte Calisio, Monte Celva, Chegul und Marzola - um nur einige zu nennen - nicht eingetragen sind.
Die drehbaren gepanzerten Haubitzenkuppeln auf dem Monte Calisio, Monte Celva und den Haubitzenwerken Mattarello sind nicht eingetragen. Ebenso wenig die verbunkerten Zusatzbatterien!
Diese wurden alle zwischen 1913 und 1915 baulich beendet, die Daten sind belegbar ,die Fertigstellung sogar im Stahlbeton als Jahreszahl eingearbeitet.

Wichtige Artilleriewerke fehlen, der ganze Bereich Celvet besteht aus einer Unzahl von Kavernen mit teilweise betonierten Artilleriestellungen und Artilleriebunkern mit bis zu 2m Stahlbetonüberdeckung, Kavernenbatterien, in denen die Geschütze sogar auf Schienen montiert waren! Gleiches gilt für die Werke Val Sorda 1 und 2 im südöstlichen Bereich:
Diese allein hatten gedeckte Stahlbetonstellungen für 16 Geschütze, verbunden mit betonierten Laufgängen, Bunkern, Kavernen, unterirdischen Munitionslagern.
Das Werk und der Bereich Romagnano ist beispielhaft, allein die unterirdischen Batterien Romagnano-Süd I und II hatten mehr Feuerkraft als das genannte Werk!

Gehen wir von den bisher gesicherten unterirdischen oder oberirdischen betonierten Artilleriewerken und Batterien aus,die teilweise in der Nähe der alten oberirdischen Werke der 1.Generation liegen,so kommen wir auf fast 400 Geschütze,die die Festung Trient verteidigen konnten,wenn wir die gesicherten 207 Geschütze mit einrechnen.
Ob diese Stellungen alle besetzt waren,wird an dieser Stelle nicht behauptet,aber es gab sie und sie waren perfekt vorbereitet.Sie waren zum allergrössten Teil für damalige Verhältnisse bombensicher und unzerstörbar.

Es war eine Glanzleistung des Pioniergenies von Trient in jeder Hinsicht: Strategisch und baulich gesehen unter Einbeziehung neuer Technologien, wie zum Beispiel der Einsatz von massiven Stahlbeton, der Betonverkleidung unterirdischer Kavernenanlagen und deren Verbindungstunnel.

Dieses weitläufige unterirdische Verteidigungssystem wird in der bisherigen Fachliteratur bis heute völlig unterschätzt oder teilweise weder gewürdigt noch ausreichend erwähnt.
Auch ist das Archivmaterial anscheinend sehr unvollständig, oder zumindest nicht erforscht, deswegen ist eine präzise Aufnahme dieser Anlagen der 2. Generation der Festungen um Trient wichtig.

Wir halten es somit für ausreichend begründet, dass dieses Kartenwerk vor 1914 entstanden ist, für sich gesehen aber sehr beeindruckend!

Mancher wird sich fragen, warum es keine schwereren Kaliber in dieser Festung gab, wie manchmal fälschlicherweise behauptet wird.
Geschütze mit grösserer Reichweite, höherer Durchschlagskraft seiner Granaten.
Die Kuk-Armee verfügte über diese Geschütze, wie 24 cm Kanonen,28cm und die bereits die legendären 30,5cm/M11 Mörser, motorisiert, beweglich.
Sie verfügte auch über weitreichende 38cm und 42 cm Haubitzen (siehe unsere entsprechende Seite im Internet zur Ausrüstung der KuK-Artillerie).
Anm.: Uli´s Homepage - ein entsprechender Link ist hier unter "Festungen-Übersicht" zu finden.

Aber wozu?

Die Festung Trient war auf Verteidigung ausgerichtet, ein damaliger Angriff wurde alleine durch die Infanterie mit Artillerie-Unterstützung ausgeführt, eine bedrohliche Luftwaffe wie in heutigen Tagen gab es nicht.

Hier sollte ein potentieller Gegner endgültig gestoppt werden.

Die damalige moderne Belagerungsartillerie konnte die naturgewachsene Felsüberdeckung dieser unterirdischen Werke auch nach zermürbendem Trommelfeuer nicht durchschlagen, wir sprechen hier von 40 bis 150 m Felsüberdeckung der Batterien, die Geschützkavernen waren ca. 15 bis 25 m tief, die Geschütze konnten in seitliche Nischen am Ende dieser Kavernenanlagen zurückgezogen werden.
Selbst ein Volltreffer an der Mündung dieser Kavernen hätte keine entscheidenden Folgen gehabt.
Die verteidigende Infanterie lag in Bereitschaft in ihren bombensicheren Kavernen.

Zum Zeitpunkt eines gegnerischen Angriffes hätten die Geschütze der Festung
sofort ein vernichtendes Feuer auf jeden Angreifer eröffnen können(die Infanterie hätte ihre MG´s in Stellung gebracht) und dazu reichten eine Vielzahl von 8cm, 9cm, 10cm, 12cm und 15 cm Geschützen völlig aus um jeden Angriff im Vorfeld zusammenbrechen zu lassen. Schliesslich schossen diese Geschütze aus präzis eingemessenen Positionen auf ebenso präzise eingemessene Planquadrate. Die KuK Festungsartillerie war für ihre Treffer-Präzision bekannt und konnte ihre Geschütze selbst in absoluter Dunkelheit genau richten (Ausbildung der Festungs-Ari!)

Wie auf der Karte deutlich zu sehen, konnten die wichtigen und neuralgischen Verteidigungsschwerpunkte gleichzeitig durch mehrere Verteidigungssektionen beschossen werden, sie deckten sich gegenseitig und konnten ihre Feuerkraft gezielt bündeln, besonders im Südbereich und Ostbereich der Festung Trient, also der erwarteten Hauptstossrichtung eines gegnerischen Angriffes.

Wir werden in den folgenden Kapiteln die Festungssektionen im Einzelnen beschreiben.

Eine Randbemerkung sei an dieser Stelle vorab zugelassen:

Die Festung Trient musste sich nie verteidigen. Der damalige italienische Gegner kam nicht einmal in ihre Nähe.

Aus heutiger Sicht gesehen ein wahrlich glücklicher Umstand, wenn man dies unter dem Gesichtspunkt der Schlacht um Verdun in Frankreich betrachtet. Die Ergebnisse und Folgen dieser Abnutzungsschlacht sind hinreichend bekannt, wenn auch heute langsam vergessen

Hier wäre es zu einem zweiten, ähnlichen „Verdun“ gekommen, es hat nicht stattgefunden.

Fortsetzung folgt. Volker Jeschkeit, Villamontagna -Trient, 25.03.04

Die Sektionen im Einzelnen

Artilleriekarte und Auflistung der Geschütze
Die Geschütze der Festung Trient - Bilderserien
Die Artillerie der kuk-Armee - Datentabellen